Neurodiversität in der Arbeitswelt: „Courage ist die Wurzel für Veränderung“
Neue Perspektiven am Arbeitsmarkt
© Pexels/Thirdman
Neurodiversität im Alltag: Das Unternehmen AMAZING 15 bietet neurodivergenten Menschen Chancen und Unterstützung für ihren beruflichen Erfolg. Ein Gespräch mit Geschäftsführerin Anna Marton enthüllt, was hinter dem Unternehmen und seinem Erfolg steckt.
Fünfzehn Prozent der österreichischen Bevölkerung sind neurodivergent. Was das bedeutet? Eigentlich nur, dass ihre Gehirne eine Spur anders funktionieren als beim Durchschnitt. Das kann ADHS, Autismus oder auch beispielsweise Legasthenie sein. Ist das schlecht? „Keineswegs“, weiß Geschäftsführerin von AMAZING 15, Anna Marton. Für den Arbeitsmarkt sollte man neurodivergente Personen keineswegs als Schwäche, sondern vielmehr als Bereicherung sehen.
Mit anderen Blickwickeln, erfrischenden Ideen und neuen Inputs können der Arbeitsmarkt und Unternehmen von der Vielfalt der Menschen immens profitieren. Deswegen hat es sich AMAZING 15 zur Aufgabe gemacht, als Jobbörse für neurodivergente Personen zu fungieren. Wir haben mit Anna Marton über die Vision, die Zukunft am Arbeitsmarkt und die Chancen für Unternehmen gesprochen.
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Dream big
Bei Anna Marton selbst wurde ADHS diagnostiziert. Jetzt ist sie Geschäftsführerin von AMAZING 15. Sie ist unter anderem der Beweis dafür, dass eine Diagnose kein Hindernis ist. Und sie ist keine Ausnahme. In dem Unternehmen AMAZING 15 sind 80 Prozent der Mitarbeiter:innen neurodivergent. „Wir berücksichtigen das also ganz automatisch im täglichen Tun. Wir sind ja alle ein Teil davon.
Deshalb verstehen wir, wie unterschiedlich die Anforderungen und Herausforderungen sind. Diversität gelingt, wenn wir es einfach machen. Im Tun entstehen Kraft und Wirkung“, sagt die Expertin. Außerdem ergänzt sie: „Ich erlebe viel zu oft, wie klein sich Neurodivergente machen, obwohl sie Großartiges leisten können.“
Frischer Wind durch neurodiversität
„Neurodiversität beschreibt die Unterschiedlichkeit aller Menschen als Gesamtes und Neurodivergenz ist eine natürliche Abweichung der Gesamtheit. Das heißt, wir sind eine Spur mehr anders als alle anderen zusammen und das ist gut. Weil genau das den Mehrwert darstellt: Die Unterschiedlichkeit unserer Gehirne“, erklärt uns Anna Marton. Den Stärken, die neurodivergente Personen mitbringen, stehen aber auch Schwächen gegenüber. „Autisten sind zum Beispiel sehr empfindlich und tun sich mit sozialen Interaktionen schwer. Gleichzeitig sind jedoch viele von ihnen wahre Koryphäen auf ihrem Gebiet.“
Ein weiteres Beispiel: Personen mit ADHS. Ihnen wird zwar schnell langweilig, dafür behalten sie in Krisensituationen einen kühlen Kopf und können besonders gut mit Druck und Stress umgehen. „Diamonds are made under pressure“, lacht die Geschäftsführerin. Die Liste an möglichen Beispielen ist endlos. Feststeht: Neurodivergente bringen einzigartige Inputs für Unternehmen.
AMAZING!
Aber welche Rolle spielt AMAZING 15 jetzt genau? Das Unternehmen arbeitet derzeit mit über 40 Firmen zusammen und sucht und findet die richtigen Talente, um Stellen zu besetzen. Zu den kooperierenden Firmen zählen unter anderem Magenta, RBI, Bank Austria, Bundesministerien und auch diverse Medienhäuser.
„Es sind viele Konzerne, die mit uns arbeiten, auch KMUs und Start-ups. Von Telekommunikationsunternehmen, Logistikbetrieben, IT-Unternehmen bis hin zu Pharmaunternehmen und Einzelhandel ist alles dabei“, meint die Geschäftsführerin. AMAZING 15 unterstützt die Arbeitgeber:innen bei der Formulierung von Stellenausschreibungen, bietet Workshops und Coaching an, um das Wissen in diesem Bereich voranzutreiben, und erstellt für die Arbeitnehmer:innen Skillcards.
„Statt eines üblichen Lebenslaufs fassen wir die Stärken und das Potenzial zusammen. Es kommt bei uns also auf das Potenzial und das Können an – nicht auf einen CV.“ Das ist insofern bedeutend, weil ein Lebenslauf nicht unbedingt die Fähigkeiten beschreibt, sondern vielmehr die vergangenen Tätigkeiten. Das Potenzial geht dadurch aber unter. Zusätzlich bietet die Jobbörse begleitende Bewerbungsgespräche und auch Coachings für neurodivergente Personen an.
Eine helfende Hand.
Im letzten Jahr hat AMAZING 15 insgesamt 350 Personen durch den Bewerbungsprozess geführt. Tendenz steigend. „Wir durften schon viele Erfolgsgeschichten begleiten“, schwärmt Anna Marton. Ihr ist wichtig, das Bewusstsein für die „Power Neurodiversity“ zu fördern.
„Eine der jüngsten Erfolgsstorys: Wir haben einen Onboarding-Prozess begleitet, der vom Unternehmen auf zehn Monate angesetzt wurde. Kurz nach dem Jobantritt haben wir von Kunden erfahren, dass die neue Mitarbeiterin bereits nach 2 Wochen den Laden genauso gut im Griff hatte wie ihre langjährigen Kolleginnen.“
Blick in die Zukunft.
Es ist wichtig, das Thema Neurodivergenz der Bevölkerung noch näher zu bringen. AMAZING 15 will in der Zukunft mehr Workshops anbieten, Vorträge halten und den digitalen Service ausbauen. „Wir haben viel geschafft, sind aber noch lange nicht am Ziel,“ sagt die 42-Jährige.
„Wir wollen zeigen, dass Neurodiversität amazing ist, wenn man die Fähigkeiten auch richtig einsetzen kann.“ Damit ist das Unternehmen am besten Weg, Großes zu bewirken. Erst kürzlich wurde die Firma einem Rebranding unterzogen: neuer Name und neues Logo. Mit dem frischen Auftritt möchte das Unternehmen mehr Menschen erreichen. Zum Abschluss unseres Gespräches bringt Anna Marton mit einem Satz die Situation auf den Punkt „Courage ist die Wurzel für Veränderung.“
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